Was ist eine gute Kuh?

Jedes Jahr werden auf den Zuchtveranstaltungen quer durch die Republik Züchter mit besonders hohen Einzel- und Herdenleistungen geehrt und ausgezeichnet. Ich bezweifle an dieser Stelle dass es dabei ausschließlich um Zucht geht. Nein, es geht vor allem um Management und Fütterung! Hier werden in erster Linie Bauern ausgezeichnet die ihre Genetik gut bis maximal ausfüttern können.

Nur damit keine Missverständnisse aufkommen, ich gehörte 2015 auch zu diesem Kreise dazu, wir führen an dieser Stelle also keine Neiddiskussion.

 

Aufmerksam geworden bin ich auf das Thema aus zweierlei Gründen. Erstens haben wir unseren Betrieb in den Jahren 2015/2016 auf Bio umgestellt und zweitens wurden meine Eindrücke und Erfahrungen dieser Zeit durch einen Fachartikel in der Zeitschrift >>milchrind<<  (4-2016) bestätigt und unterstrichen.

In dem Bericht beschreibt der Betriebsleiter eines Biobetriebes, die Erfahrungen während seiner Umstellung. Dr. Bernd Pieper, stellte seine Hochleistungsherde (100% Holsteins) im Jahr 2011 auf Bio um. Vor der Umstellung produzierten Piepers Kühe im Durchschnitt 12.300 kg Milch. Die Herde zählte zu den höchstleistenden in Deutschland. Dr. Pieper, so geht es jedenfalls aus dem Bericht hervor, ist ein absoluter Fütterungsexperte, der selbst eine eigene Firma für Siliermittel (BIO-SIL) betreibt. 2010 stellte er seine Herde um und landete 2011 mit den selben Kühen einen Stalldurchschnitt von 7.739 kg Milch bei 3,97% Fett und 3,20% Eiweiß! Er selber äußert sich im Bericht folgendermaßen: >>Als größtes Problem erwies sich die Futterumstellung<<.  Pieper baute seine Maisflächen mit Kleegras zu und hatte in Folge ein massives Strukturproblem. Die Umstellung auf Biokraftfutter dürfte ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Mittlerweile hat sich die Leistung wieder etwas erholt. Der Herdendurchschnitt lag 2015 wieder bei 9.766 kg Milch, bei allerdings schwachen Inhaltsstoffen von 3,69% Fett und 3,06% Eiweiß. Pieper baut wieder großflächig Silomais (biologisch) an. Kleegras wurde durch Luzernesilage ersetzt. Die Hauptkomponenten in der Ration sind Silomais (20 kg) und Luzernegras (21 kg). Hinzu kommen getoastete Lupinen und eigenes Getreide.

Die 307 ha Wiesen und Weiden des Betriebs finden in der TMR keine Berücksichtigung.

 

Welcher Biobetrieb kann im Allgäu, Vorarlberg, Tirol, den Berggebieten der Schweiz oder Südtirols auf so eine Futtergrundlage zurückgreifen? Die meisten konventionellen Betriebe können es nicht. Die Milchspitzen kommen hier allerdings auch nicht aus dem Grundfutter sondern vom Kraftfutter. Eiweißkomponeten  aus Soja und Raps sind der Schlüssel zum Erfolg. Das lernte man erst, wenn man diese nicht mehr zur Verfügung hat.

 

Worauf will ich hinaus? Ich habe den Bogen so weit gespannt um deutlich zu machen was durch Fütterung möglich ist und dass sich der Zuchtfortschritt in puncto Leistung relativiert, wenn sich aus welchen Gründen auch immer die Futtergrundlage verändert. Das verdeutlicht aber auch die Abhängigkeit unserer Produktion von Eiweißimporten über Dünge- und Futtermittel. Ohne Kerosin im Tank (Futtermischwagen) sind unsere Ferraris im Stall lahme Enten! Ohne eine ausfeilte N-Düngung ist unser Gras Gras und kein Turbogras!

Auch der Ausfütterungsgrad differenziert von Betrieb zu Betrieb stark. Während der eine mit geringem Aufwand vielleicht nur 7.500 kg pro Kuh erzeugt, puscht der andere seine Herde auf über 10.000 kg. An den Kühen und das beweist  das Beispiel Pieper ganz deutlich, liegt es dabei meistens nicht.

 

Für die Zucht hat das frappierende Folgen. Selektiert wird vornehmlich Genetik aus dem Spitzenbetrieb mit hohen Einzel- und Herdenleistungen. Diese Genetik baut ihr Fundament aber auf einem ausgefeilten Fütterungsmanagement mit einer maximalen Nährstoffdichte. Auf Betrieben mit eingeschränktem Input funktioniert diese Genetik meist nicht oder nur eingeschränkt.   

 

Umkehrschluss, wer seine Kühe bedarfsgerecht füttern will muss seine Fütterung immer dem Standard der Genetiklieferanten anpassen. Tut er dies nicht, büßt er nicht nur Leistung ein, sondern fügt seinen Kühen sogar Leid zu, weil diese im Verhältnis zur Leistung ständig unterversorgt sind.

 

Wer genau hinschaut erkennt einen Teufelskreis. Mehr Leistung bedeutet mehr Aufwand und mehr Aufwand bedeutet höhere Kosten. Stürzt dann in Folge der vielen Milch der Milchmarkt in sich zusammen, erleben wir eine Bruchlandung.

 

Noch gar nicht angesprochen sind dabei die massiven Umweltprobleme die diese Art der Milchviehfütterung und Landwirtschaft nach sich zieht.

 

Diese Umweltprobleme werden uns aber Veränderungen in der Landwirtschaft aufzwingen. Am Ende des Tages müssen wir dann wieder Kühe züchten, die unter normalen Bedingungen, normale Leistungen erzeugen. Weil wir aber keine Mäuse sondern Kühe züchten braucht das Zeit. Wir sollten uns deshalb heute schon Gedanken darüber machen, wie die Kuh von morgen aussehen muss und was wir tun müssen um dann die Nase vorn zu haben. 

 

Braunvieh nimmt hier eine Sonderstellung ein. Es ist eine Rasse die nicht unbedingt in den Gunstlagen beheimatet ist. Wir sollten dieses Braunvieh nicht blindlings weiter zur >>Turbokuh<< umbauen, um dann am Ende des Tages zu erkennen, dass das ein riesiger Fehler war.