Moderne Braunviehkühe fürs Klima

In Ausgabe 174 war an diesem WE der links abgebildete Artikel zu lesen. Ein Mutterkuhhalter aus Mecklenburg versucht dabei gegen die weitläufige Meinung anzukämpfen, dass Rinder Klimakiller seien und man deshalb weniger Fleisch und Milchprodukte verzehren sollte. Er argumentiert damit, dass seine Rinder im Sommer nur Gras zu fressen bekommen und die CO2-Bilanz dieses Fütterungssystems nahezu ausgeglichen, wenn nicht sogar positiv ausfällt. Rückendeckung erhielt er dabei von Björn Kuhla vom Leibnitz-Institut für Nutztierbiologie in Dummersdorf. Zwar erteilt er der landwirtschaftlichen Rinderhaltung (Milch und Fleisch) keine Generalabsolution, dennoch aber in bestimmten Ausnahmefällen. Auf dem Feld zurückbleibende Futterreste der Grünland- und Weidewirtschaft verbesserten den Kohlestoffgehalt im Boden, der ausgebrachte Dung in Form von Mist, Kuhfladen und Gülle regte die immer grünen Grasbestände  zum Wachstum an und binde Kohlendioxid.  Der Biochemiker Kuhla sieht in dem Bericht nicht die Rinderhaltung an sich als Problem an, sondern deren Anzahl und Verteilung  in der Fläche. Besonders dort wo Wälder abgeholzt und Feuchtflächen trockengelegt werden, werde mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre gepustet als Land - und Forstwirtschaft in der Lage sind in Pflanzen und Boden zurückzuführen. In dem Text springt ihm der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Hermann Lotze-Campen bei. Dieser möchte die Rinderhaltung am liebsten auf die Standorte reduzieren auf denen Ackerbau nicht stattfinden kann und damit im Vornherein eine Trog-Teller-Diskussion ausgeschlossen werden kann. Flächen die dort bei zurückgehendem Konsum zusätzlich nicht mehr gebraucht würden, möchte Lotze-Campen im Bericht am liebsten "aufforsten" lassen!

 

Warum erwähne ich diesen Bericht so ausführlich auf meinem Blog? In Kürze ist Zuchtwertschätzung, und egal bei welcher Rasse werden die "Turbobullen" (viel Milch und Eiweiß-kg) wieder gelobt und gepriesen werden. Bullen die vor allem mit viel Kraftfutter in der maisbetonten Misch-Ration den höchsten Profit versprechen. Doch wer den oben erwähnten Bericht gelesen hat, wird zu dem Schluss kommen müssen, dass diese Bullen und die Betriebe  die sie einsetzen, eigentlich Auslaufmodelle sind. Besonders die Rasse Holstein in ihrer aktuellen Prägung und das "Mais-Fleckvieh" in den Ackerbauregionen wird unter dieser Entwicklung stöhnen. Aber auch mancher "Exterieur-Holzbock", der mit seiner Größe und der vermeintlichen Überlegenheit im Exterieur zwar die Schaurichter noch zum jubeln bringen  kann (sonst niemanden), wird dann ein Problem bekommen. Es ist heute keine Frage mehr ob diese Entwicklung einsetzen wird, es ist nur noch die Frage wann! Angesichts der Hochwasserkatastrophe in Deutschland, vielleicht schneller als mancher vermuten möchte. 

 

Unser Braunvieh ist an sich ein Rind welches mit einer grasbetonten Ration gut zurecht kommt. Dass die Zuchtverantwortlichen einer Leistungssteigerung beim Braunvieh   immer noch hinterher hecheln, ist angesichts der aktuellen Entwicklungen ein fundamentaler Fehler! Ganz besonders in Anbetracht der Tatsache, dass dafür Abstriche in den Bereichen Nutzungsdauer und Fitness akzeptiert werden. 

 

Ich habe es schon öfter an dieser Stelle beschrieben, Braunvieh ist eine extrem moderne Rasse mit einer hervorragenden Zukunftsperspektive, besonders im Hinblick auf die sich anbahnende Klimakatastrophe. Dringend gilt es aber züchterisch die Weichen zu stellen! Wir brauchen Kühe die auf extensiven Grünlandstandorten  mit möglichst wenig oder gar keinem Kraftfutter ausreichend viel Milch erzeugen können und dabei gesund und fruchtbar bleiben. Fruchtbarkeit, Nutzungsdauer, Spätreife, Persistenz und ein funktionales Exterieur (gute Euter, gute Beine, nicht zu groß) spielen dabei eine zentrale Rolle. Ich sehe hier aktuell in der Breite kaum einen nennenswerten Ansatz. Die Europäische Vereinigung für Naturgemäße Rinderzucht (EUNA) stellt an dieser Stelle ein rühmliche Ausnahme!  Ich möchte nicht missverstanden werden, auch ich schätze Kühe die Milch geben. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht dass ausgewachsene Kühe (ab der 3. bis 4. Laktation) mit hohen Leistungen besser zurecht kommen als junge Tiere und man diese mit weniger Kraftfutter dann besser in der Spur halten kann. 

 

In Kürze ist wieder Zuchtwertschätzung, wer die wirklichen Topbullen in den Listen finden möchte, muss auch bereit sein in den mittleren bis unteren Rangierungsbereichen oder in  alternativen Zuchtprogrammen (EUNA) zu suchen. 

 

Viel Erfolg! 

 

Nach der Zuchtwertschätzung werde ich an dieser Stelle (wenn ich welche finde) einige solcher Bullen beschreiben. Schaut einfach mal rein!