Der Gesamtzuchtwert, die eierlegende Wollmilchsau! Geht das?

Die deutsch-österreichische Braunviehpopulation wird ab April 2016 einen neue gewichteten Gesamtzuchtwert erhalten. Wie dieser dann gewichtet werden soll, sollte heute in Betzigau mit der Züchterbasis diskutiert werden.

 Man hatte schon den Eindruck, dass es sich hierbei nicht um eine Alibi-Aktion der Verantwortlichen gehandelt hat. Das Anliegen, die Meinung der Züchter mit in die Endrunde der Gespräche am 24. November nach Salzburg zu nehmen war ehrlich. Nur, es kamen leider nur ganz wenige Züchter. Schade!

 

In der Zange

 

Wir möchten Sie an dieser Stelle nicht mit Details langweilen.  Eine kluge Teilnehmerin formulierte es am Ende auch treffend:  "Es geht beim GZW nur um eine Zahl, viel wichtiger ist wie die Verantwortlichen in den Zuchtprogrammen damit umgehen und wie sie interpretiert wird<<. Aber Braunvieh ist in einer sehr misslichen Situation, auf der einen Seite ziehen die Holsteins in puncto Leistung davon, auf der anderen Seite lockt Fleckvieh mit solider Leistung und besten Masteigenschaften. Anstelle sich endlich selber als Rasse am Markt zu definieren, droht wieder die Gefahr eines faulen Kompromisses, welcher die Rasse nur noch weiter in die Defensive drängt.

 

Vision gefragt

 

Was das Braunvieh jetzt aber braucht ist ein Befreiungsschlag und ein klares Statement dahin, wohin sich die Rasse in den kommenden 10 Jahren entwickeln soll. Hier ein paar Prozentpunkte in der GZW Bewertung  zuzugeben um sie hinten wieder abzuziehen, wird die Rasse nicht retten. Es braucht eine Vision und es müssen große Anstrengungen unternommen werden die Züchter und Halter für diese zu begeistern! Der Versuch heute in Betzigau war sehr löblich, aber es kam zu wenig!  Die Genetiker aus Grub sind für die Rechenformeln zuständig, das Bild der Kuh die wir uns in Zukunft wünschen, müssen die Züchter und Zuchtverbände formulieren.

 

Kante zeigen

 

hier einige Anregungen wie Braunvieh mehr Kante zeigen könnte.

  • wir haben jetzt viele Jahre auf Eiweiß % gezüchtet, dafür haben wir Zuchtfortschritt in puncto Milch geopfert.  Zucht auf Eiweiß-kg verträgt das Braunvieh.


  • Milch ist wichtig, aber ist der Weg auf dem wir uns bewegen für das BV der richtige? Unsere Zuchtwertschätzung begünstigt den frühreifen Typus Kuh und bestraft den Spätstarter. Die mittelrahmige Laufstallkuh mit dem straff aufgehängten Euter tut sich da schwer mitzuhalten und wird  schnell ausselektiert. Obwohl genau diese Art von Kuh immer beliebter wird, gerade auch in großen kommerziellen Milchviehbetrieben. Ein Zuchtwert Leistungssteigerung gehört deshalb erfasst und muss in die Berechnungen mit einfließen. Nirgendwo ist dies wichtiger als beim Braunvieh. Die 40 Liter-Jungkuh hilft uns nichts, wenn sie nach dem 2 Kalb das Euter am Boden nachzieht.


  • Kein Verbraucher wünscht sich Turbo-Kühe, warum wollen wir heute immer noch solche beim Braunvieh züchten? Die Zucht auf Lebensleistung ist eine riesige Chance.


  • Bio-Boom auf allen Kanälen. Wer auf Bio umstellt braucht eine Kuh die aus den vorhandenen Ressourcen den maximalen Ertrag bringt. Braunvieh kommt mit extensiven Bedingungen sehr gut zurecht, dies gilt es zu erhalten und kann so auch als Verkaufsargument genutzt werden. Wieder ist hier nicht die absolute Leistung in der 1. und 2. Laktation entscheidend, sondern eine flache Laktationskurve auf befriedigendem Niveau und Potential für Leistungssteigerungen in den Folgelaktationen bis zum 10. Kalb.  


  • Braunvieh ist die Fitness-Rasse schlecht hin. Nirgendwo werden die Kühe älter und erbringen so hohe Lebensleistungen wie beim Braunvieh. Zugeständnisse auf Kosten der Fitness sind nicht zu akzeptieren. Allerdings drücken immer mehr Fitnesszuchtwerte mit niedriger Erblichkeit in die GZW-Berechnung hinein und verwässern diesen stark. Züchterisch wichtig sind die Merkmale Nutzungsdauer, Persistenz und Eutergesundheit. Kühe die diese vorweisen sind in Kombination mit einer entsprechenden Leistungsveranlagung für jeden Milchviehhalter interessant. >>Zuchtwertschnipsel<< wie der neue Vitalitätszuchtwert dienen nur der Reputation seiner Erfinder und kaum dem Zuchtfortschritt.


  •  Braunvieh ist von Natur aus eine Roboter-Rasse. Es muss alles unternommen werden damit dies auch so bleibt. Melkverhalten (Charakter, Melkbarkeit) und Euterqualität (Eutertiefe, Strichlänge, Strichplatzierung und Strichstellung) müssen unbedingt im Auge behalten werden. Automatische Melksysteme werden immer mehr. Ein großer Markt für die braune Kuh!


  • Fruchtbarkeit ist ein wichtiges Gut, ist sie nicht vorhanden kostet das viel Geld. Die Wissenschaft ist aber hier noch nicht soweit aussagekräftige Zuchtwerte zu berechnen, die Erblichkeit ist  sehr gering. Deshalb macht es wenig Sinn die Fruchtbarkeit im Gesamtzuchtwert zu hoch zu bewerten. Sie nimmt unnötig Platz für wichtigere Merkmale (Nutzungsdauer, Persistenz, Eutergesundheit) weg.


  • Eine hohe Gewichtung von Nutzungsdauer und Eutergesundheit sind auch deshalb wichtig weil sie hoch mit den Exterieur-Merkmalen Fundament, Becken und Euter korrelieren. Diese Merkmale sind in den letzten Jahren viel zu kurz gekommen. Man sieht dies leider zu oft auf den Auktionen und den deutschen Schauen.

 

 

Kommentare: 16
  • #16

    Hans Geisenberger (Samstag, 23 Januar 2016)

    Ich finde es gut, daß von Klemens und Fredy eine "Größendiskusion" beim Braunvieh angestoßen wurde. Die "Holsteins" debatieren da schon länger, die haben da auch m.E Riesenprobleme: Labmagen- und Tragsackverdrehungen sind bei denen an der Tagesordnung. Da sind wir beim BV sicher noch sehr gut dran.
    Die Diskusion frühzeitig zu führen vermeidet sicher negative Auswüchse.
    Da das Schauwesen oft den Trend vorgibt, sollten die Preisrichter das Kriterium "zu Groß" genauso in ihren Entscheidungen wichten wie "zu Klein".
    Bullen wie z.B. Vidal, Brookings und Egal usw haben dann wieder bessere Chancen gegenüber den "Größenüberfliegern" wie z.B Wonderment, Blooming und Norwin.

  • #15

    Fredy Abächerli (Dienstag, 19 Januar 2016 23:28)

    Klemens, es stimmt, im aktuellen Gesamtzuchtwert von Braunvieh Schweiz hat die Grösse keinen direkten Einfluss mehr. Die Gewichtung des Exterieurs wurde bei der letzten Anpassung reduziert. Das ist auch gut so. Ich stelle jedoch fest, dass die Grösse besonders bei den Exterieurnoten einen nicht zu unterschätzenden indirekten Einfluss hat.
    1. Brustbreite, Flankentiefe, Beckenbreite und -länge: Grössere Tiere haben grössere Masse, also bessere Noten und höhere Zuchtwerte.
    2. Voreuterlänge und Nacheuterbreite: Grössere Kühe haben tendenziell längere und breitere Euter.
    3. Die Euterhöhe ist abhängig von der Körpergrösse. Tiere mit kürzeren Beinen haben einen klaren Nachteil. (siehe z.B. Euternoten bei Vidal) Die Euterhöhe hat ein recht hohes Gewicht für die Eutergesamtnote.
    4. Grössere Kühe sollten auch höhere Leistungen erbringen.
    Die Exterieurbewertung nach der linearen Beschreibung verleitet uns auf Extremwerte zu züchten. So darf man sich auch nicht wundern, wenn besonders die Holsteins und zum Teil eben auch Brown Swiss Kühe immer höher und verhältnismässig schmaler werden. Ich meine, beim Wettrennen nach den genomisch höchsten Zuchtwerten laufen wir Gefahr, dass die Ausgeglichenheit der Tiere verloren geht.

  • #14

    Gerhard Metz (Montag, 18 Januar 2016 20:56)

    Sehr interessante Standpunkte von Klemens und Martin.
    Ich war auf der Zuchtviehauktion in Buchloe auf der beide Rassen, HF und BV vertreten waren. Beide Rassen haben auf dem Papier einen tollen Zuchtfortschritt hingelegt, nur zu sehen war der nicht unbedingt. Tendenziell waren die Kühe beider Rassen zu schmal und die HF-Tiere für meinen Geschmack auch zu groß und zu scharf. Ich denke wir konzentrieren uns beim BV (wie bei allen anderen Rassen)zu sehr auf die erste Laktation. Das bringt natürlich den besten Zuchtfortschritt im Bereich der kg Milch, aber der Preis dafür ist hoch. Auch müssen wir uns fragen ob es überhaupt noch großen Sinn macht die Milchleistung (1. Laktation) um jeden Preis zu steigern. Ich habe dazu ein interessantes Zitat gelesen: Wer mit dem Zeitgeist verheiratet ist, ist schnell Witwer! Wir müssten dem BV ein ganz neues Image verpassen, welches auf den Merkmalen ND, Lebensleistung, Persistenz, Robotertauglichkeit und Grundfuttereffizienz aufbaut. Die problemlose Kuh für eine nachhaltigere Milcherzeugung. Bisher hecheln wir nur hinter HF her und weil wir uns dabei auch noch ungeschickt anstellen werden wir während dessen auch noch vom FV überholt.

  • #13

    Klemens Hartl (Sonntag, 17 Januar 2016 17:26)

    Martin, sieh es mal von der Seite. Die weltweite Brown-Swiss Population ist auf rund 7 Millionen Tiere geschätzt, dagegen gibt es allein in den Vereinigten Staaten 22 Mio Herdebuchholsteins.
    Logisch betrachtet gilt, je mehr Tiere, desto höher die Chance Ausnahmevererber zu entdecken, weil ja auch mehr Paarungen, mehr Genotypisierungen usw.
    Um in diesem Wettbewerb standhalten zu können muss man mE eben noch stärker zusammen stehen und ein zu erreichendes Ziel visualisieren, als das große Verbände mit teils extrem exzessiver Zuchtarbeit (siehe Holstein, wo die höchsten Bullen quasi nur noch aus Jungrindspülungen und IVF resultieren) machen.
    Es würde den Betrieben ja auch danach noch freistehen, selbst ihre Bullen auszuwählen um das betriebsindividuelle Zuchtziel zu erreichen, wenn man mit dem GZW- Zuchtziel nicht einverstanden ist. Diese Möglichkeit bleibt doch bestehen. Aber der Großteil der Betriebe nutzt nun mal nur die Stiere der Verbandsempfehlung, einerseits weil sie sich darauf verlassen, dass dort schon von Profis vorselektiert wird, andererseits weil viele in der heutigen Landwirtschaft einfach keine Zeit, Lust oder genügend aufwendig zu besorgendes Fachwissen mehr in diesem Bereich haben- denn mit Einführung der Genotypisierung ist die Geschwindigkeit der Zucht und die Zahl von potentiellen Anpaarungsbullen schlagartig gestiegen.

    In vielen Zuchtgebieten ist die Populationsgröße einfach rückläufig und darum ist es für mich nicht utopisch, dass man an gemeinsamen Zielen arbeiten muss, sondern einfach notwendig. Wenn Funktionäre das nicht schaffen, dann müssen sie sich vl auch mal fragen, ob sie die richtigen für diese Positionen sind. Denn eins muss jedem klar sein:
    Weniger Tiere= geringere Chancen auf hohen Zuchtfortschitt; daraus resultierend eine Minderung der Wettbewerbsfähigkeit im Bezug auf andere Rassen; weniger Nachfrage auf Märkten und damit schlechtere Preise für Lebendtiere; Spirale nach unten

    Keine Frage, Braunvieh hat durchaus viele Stärken und ich sehe die Rasse derzeit auch noch absolut als wettbewerbsfähig an, nur müssen eben zeitgerecht Schritte eingeleitet werden, um das auch in Zukunft sagen zu können! Bin derzeit sogar sehr zufrieden mit meinen Tieren, sehe keinen Grund zu wechseln und meines Erachtens war lange Zeit nicht so ein breites Spektrum an guten Vererbern am Markt verfügbar. Wobei man sich gerade im oberen Bereich bezüglich Inzucht so seine Gedanken machen sollte (ohne Huray, President, oder Huxoy gibts im hohen GZW Bereich eigentlich nix)

    Natürlich profitiert Fleckvieh derzeit von der Blutauffrischung mit den Red Holsteins, die auch Leistungssicherheit bringen. War ja damals bei Braunvieh- Brown Swiss auch gleich. Man wird sehen wohin dort die Reise geht... Der Vorteil dieser Rasse ist eben, dass man bei ihnen Geld "sieht". Am Rechnungszettel für Stierkälber, Milchrechnung usw.
    Die Vorteile von Braunvieh sieht man eigentlich erst durch Kostenrechnung, dann nämlich, wenn man die geringen Bestandsergänzungskosten, die bessere Fähigkeit Milch aus Grundfutter zu erzielen (weniger KF Kosten), bessere Gesundheit (weniger Behandlungskosten) usw.darstellt
    Bei solchen Auswertungen sieht man dann nämlich (ja, die gibt es!) dass für den betrieblichen Erfolg nicht hauptsächlich die Rasse, sondern eigentlich die Betriebsführung ausschlaggebend ist...

    Fredi, ich teile viele deiner Ansichten voll und ganz. Aber eins versteh ich nicht ganz.
    Bei der Gewichtung des GZW von Stieren in der Schweiz ist der Rahmen ja gar nicht mal gewichtet
    http://homepage.braunvieh.ch/documents/Gesamtzuchtwert.pdf
    Und im Gesamtexterieur nimmt er rund 25% ein und hier ist das Zuchtziel Kreuzhöhe ja auch von rund 140-150 cm...
    http://homepage.braunvieh.ch/documents/ZWS_Exterieur.pdf
    Und dass man mit einem solchen KH ZW positiv im Exterieur sein kann zeigt Vidal

  • #12

    Fredy Abächerli (Freitag, 15 Januar 2016 21:14)

    Wenn ich die Blogbeträge lese, bin ich schon etwas erstaunt wieviel Unmut hier über die aktuelle Braunviehzucht geäussert wird. Scheinbar sind viele mit der Verbandsführung und den Zuchtorganisationen nicht ganz zufrieden. Ihr könnt beruhigt sein, uns geht es in der Schweiz genau so!! Der Braunviehbestand sinkt auch zugunsten von Holsteinern und Swiss Fleckvieh. Das Schweizer Original-Braunvieh erreichte in den letzten Jahrzehnten hingegen klar grössere Zuchtfortschritte als das Braunvieh. Deshalb sind die Original Braunen am wachsen.
    Für mich enthalten der Gesamtzuchtwert und auch weitere Zuchtwerte klare Mängel, um das Braunvieh nach seinen ursprünglichen Stärken zu züchten:
    1. Im Gesamtzuchtwert hat die Exterieurnote, speziell die Grösse ein zu hohes Gewicht.
    2. Positive Exterieurnoten können nur mit noch grösseren Tieren erreicht werden. Die im Zuchtziel beschriebene Idealgrösse wird so zur Alibiübung.
    3. Eine Information über die Dairystärke fehlt. (darum gibt es vermehrt flachrippige, schmale Brown Swiss)
    4. Das Braunvieh als spätreifere, langlebige Rasse bräuchte einen Zuchtwert Leistungssteigerung. (Swiss Fleckvieh liefert dazu einen Zuchtwert)
    Weil uns die beiden letztgenannten Informationen nicht angeboten werden, müssen wir sie selber zusammentragen. Dazu wird der gesamte Bestand seit über 10 Jahren jährlich nach Triple-aAa codiert und bei der Stierenwahl mehr auf aAa als auf die Exterieurnoten geschaut.
    Ich meine, es lohnt sich mit den Stärken des Braunviehs zu züchten. Wer aber mit selbst gezüchtetem Braunvieh erfolgreich sein will, muss ein klares eigenes Zuchtziel verfolgen und Zeit in die Paarungsplanung investieren. Mein Bruder hat aus Betriebszusammenlegungen und einem Embryokauf seit über 20 Jahren auch Holsteinkühe im Bestand. Diese konnten sich bei gleichen Selektionsanforderungen gegenüber den Braunen jedoch nicht vermehren.

  • #11

    Martin Wieser (Freitag, 15 Januar 2016 17:57)

    Dass sich die Braunviehwelt auf ein gemeinsames Zuchtziel einigt ist utopisch und meiner Meinung nach auch gar nicht notwendig.
    Oder glaubt jemand ernsthaft, dass wenn man aus allen wichtigen Braunviehnationen Vertreter an einen Tisch setzt, es am Ende des Tages zu einer gemeinsamen Lösung kommt?
    Ist auch nicht das grundlegende Problem. Die Rasse Braunvieh ist vielfältig in ihren Eigenschaften. Und jeder Züchter kann meiner Meinung auch sein eigenes Zuchtziel verfolgen...theoretisch!
    Die Theorie würde nämlich darin bestehen, dass jeder Züchter genau die Stiere einsetzt, die in ihren Zuchtwerten seinem Zuchtziel am nächsten kommen.
    Denn sieht man sich die Stiere im aktuellen Angebot an, dann wäre ja für jeden der oder die richtigen dabei. Aber warum funktioniert's dann nicht und warum ist die Unzufriedenheit bei vielen Züchtern so groß?
    Das Problem liegt in der fehlenden Erbsicherheit und der damit verbundenen Streuung. Viel zu oft hat man den Eindruck, dass das Ergebnis der Anpaarung mehr Zufall ist, als dass man die Einflüsse der Zuchtwerte des Vaters wieder finden würde.
    Und so gibt's dann Jongleur Erstmelkkühe mit fast 40 kg Einsatzleistung, was sehr erfreulich ist, aber nicht unbedingt den Zahlen des Vaters entspricht. Gar nicht zu sprechen von Prunki. Mit solchen Zuchtwerten dürfte er keine Töchter haben, die mehr als 10.000kg leisten. Die gibt's aber. Und nicht unbedingt nur in den Top-Management-Betrieben - im Gegenteil.
    Und liebe Braunviehkollegen ausserhalb Deutschlands. Es ist ein Irrglaube, dass unser Braunvieh so leistungssicher ist. In den letzten Jahren hat man in Bayern den Leistungsvorsprung gegenüber dem Fleckvieh verloren und liegt jetzt ein gutes Stück hinter dieser Rasse, die auch noch stark auf Fleisch achtet. Eigentlich ein Wahnsinn.
    Seit der Kontingentierung 1984 hat das Braunvieh in Bayern fast 2/3 seiner Population verloren. Und wenn man mit den Züchtern spricht, ist der Hauptgrund die Unsicherheit in der Leistung und nicht etwa zu schlechtes Exterieur.
    Wir müssen uns also fragen, warum uns die Zuchtwertschätzung, auch genomisch, so unzuverlässige Werte liefert?

  • #10

    Johannes Besler (Donnerstag, 14 Januar 2016 21:39)

    Ich kann Klemens im großen und ganzen nur zustimmen. Ich glaube das die braune Kuh leistungsfähiger ist als es die Zahlen sprechen, aber das Management hinkt hinterher. Wenn ich sehe was bei uns im Betrieb die letzten Jahre mit kleinen Verbesserungen möglich war. Dort muss meiner Meinung angesetzt werden.

  • #9

    Klemens (Donnerstag, 14 Januar 2016 13:57)

    Für mich wären prinzipiell zwei Sachen von großer Bedeutung gewesen:
    1) eine grundsätzliche Einigung ALLE Verbände wie Braunvieh in Zukunft auszusehen bzw sich dazustellen hat und eine gemeinsame Zuchtwertschätzung. Wir züchten eigentlich in der Population Braunvieh zumindest 4 verschiedene Arten dieser Rasse.
    Deutsches Braunvieh= milchmengenstark, bemuskelt, mittlere Größe und im Euter oft nicht wirklich gut
    Amerikanisch= Milchmenge, aber extrem groß und sehr wenig Fleischansatz
    Italienisch= rahmig und stark auf Eiweiß
    Schweiz= exterieurstark und langlebig
    eventuell sogra noch weitere+ Zwischenabstufungen

    Jedenfalls haben wir weltweit eine viel zu geringe Populationsgröße, um so verschiedene Wege zu gehen und annähernd den Zuchterfolg großer Rassenverbände zu erreichen. Und das frustriert dann klarerweise, wenn man sieht, dass nichts weiter geht.
    Interbull ist ein besserer Scherz, die Zuchtwerte sind erfahrungsgemäß in der Realität jenseits der Wahrheit

    2) Ich würde den Fokus des Zuchtwerte einige Jahre lang auf wirtschaftlich wichtige Merkmale mit hoher Heretabilität legen! Milchmenge lässt sich sehr gut vererben (40%), Eiweiß-% mit 55% Heretabilität, von mir aus noch Persistenz mit 15% und wichtige Exterieurmerkmale, die alte Kühe brauchen. Also gute Beine und Euter beispielsweise (15 und 25 %).
    Das sind sehr gut vererbliche Merkmale, es wären in diesen Gebieten schnell Fortschritte erkennbar und die Züchter würden sehen, es bewegt sich was, die Braune Kuh bleibt ja doch konkurrenzfähig in der Milchwirtschaft. Merkmale mit niedriger Heretabilitär würde ich eher über Mindestanforderungen erst gar nicht ins Angebot nehmen (zB keine Stiere <95 Fruchtbarkeit ins Angebot) Denn die Gesundheitszuchtwerte tümpeln bei Heretabilitäten im einstelligen Prozentbereich (Fruchtbarkeit 2%, Gesundheit 2-10% usw...)
    Das heißt Zucht auf diese Merkmale zeigt lange keinen Erfolg, weil die Umwelteinflüsse so extrem starke Wirkung darauf haben! Fruchtbarkeit und Nutzungsdauer hat also eigentlich der Landwirt zu einem Großteil sich selbst auf den Hut zu heften! Fütterung, Haltung und Manegement beeinflussen das ganz ganz maßgeblich.
    Ich würd als Verband also nicht stark auf die Gesundheitswerte züchten, sondern regelmäßig hochqualitative Weiterbildungen und Beratungen für Mitglieder anbieten, um so schneller bessere Erfolge in diesen Bereichen zu erzielen.

    Wenn dann mal Leistungssicherheit und Zug nach vorne wahrzunehmen ist, kann man ja umso stärker auf Fitnessmerkmale selektieren, aber jetzt ist mA nach der völlig falsche Zeitpunkt, um solche Punkte zu gewichten. Immer mehr Betriebe brechen vom Braunvieh weg zu anderen Rassen, es muss sich was bewegen!

    Quellen der Heretabilitätsangaben (http://cgi.zar.at/download/ZWS/Grundlagen.pdf)

  • #8

    Kuno Rumpel (Samstag, 09 Januar 2016 17:30)

    Der Wert der Gesamtzuchtwerte steht - zumindest bei den Züchtern - auch bei anderen Rassen in der Diskussion. Auch die ersten Verbände fragen sich ob alles für die Praxis passt (Stammviehzüchtermagazin des VOST), wenn der Listenführer einen Euterzuchtwert von 92 hat und kaum ein Bulle in den Top 10 einen RZE von über 110 erreicht.Gibt es hierzu auch Meinungen?

  • #7

    Ueli (Dienstag, 05 Januar 2016 11:45)

    Bin auf euren Blog gestossen. Das müsste bei uns auch diskutiert werden. Ich glaube, die IGBS hat nicht mehr ganz soviel Biß wie Früher. Aber vielleicht nehmen die unsere Stiere auch einmal schärfer unter die Lupe.

  • #6

    Gerhard Metz (Donnerstag, 10 Dezember 2015 20:04)

    Ein Zuchtwert ist immer so gut wie seine Sicherheit. Die Sicherheiten der Zuchtwerte sind aber immer schon relativ. 85 Prozent Sicherheit waren vor 5 Jahren viel mehr Wert als heute. Bestes Beispiel dafür ist Voice mit einer Sicherheit von 85% fiel er innerhalb von einem Jahr auf 119 bei 93% Sicherheit. Das ist Verarschung der Bauern, nicht mehr und nicht weniger. Aber das wird ihnen ja seit 20 Jahren von der seriösen Zuchtpresse so ins Hirn hineingepresst.

  • #5

    Hans Geisenberger (Donnerstag, 10 Dezember 2015 18:11)

    Bei den "Zuchtwerten" liegt einiges im Argen. Das Ganze hat sicher einmal gut begonnen. Aber die letzten Jahre wurde nichts mehr ernsthaft hinterfragt , geändert, bzw. weiterentwickelt.
    Es wird sich wohl nichts ändern, deshalb: Hilf Dir selber sonst hilft dir niemand.

  • #4

    Martin Wieser (Mittwoch, 09 Dezember 2015 20:20)

    Was wollen wir mit "Jane of Vernon"??? - wir haben doch 'Huray' !!! ACHTUNG auch Satire :-)
    Beim neuen GZW muss ich mich aber schon etwas wundern. Da haben viele 'schlaue' Leute viel Zeit damit verbracht um ein paar wenige Prozentzahlen hin- und herzurücken. Ob's der Rasse irgendwas bringt...ich glaube nicht.
    Wieso konnte man sich z.B. nicht dazu durchringen den Zuchtwert 'Zysten' irgendwie zu berücksichtigen. Er hat leider keinen Einfluss auch den Fruchbarkeitswert und somit auch keinerlei Gewicht beim GZW - weder beim 'Alten' noch beim 'Neuen'.
    Vielleicht liegt's daran, dass unser Superstar 'Huray' hier gerade mal einen miserablen ZW 68 erreicht, und das bei über 90% Sicherheit. Der darf natürlich nicht das makellose Bild beschädigen.
    Derzeit verlassen viele Huray-Töchter aufgrund unbehandelbarer Zysten die Ställe vieler Züchter. Diese Kühe gehen dann teilweise ab ohne besamt worden zu sein. Und ohne Besamung kein negativer Einfluss auf die Rastzeit und die NRR. D.h. die Kühe gehen mit Fruchtbarkeitsproblemen ab, die sich in keinster Weise negativ auf den Fruchtbarkeitszuchtwert auswirken.
    Ein schönes Geschenk an den GZW von 'Huray'. Ob dieses Geschenk die Züchter auf lange Sicht freut, glaub ich weniger!

  • #3

    marco würsch (Dienstag, 20 Oktober 2015 23:45)

    Was für Kühe brauche (wollen) wir in 10 Jahren?? Gute Frage!
    Aus meiner sich sollte man der Kuh linie mehr beachtung schenken als den Zuchtwerten. Denn die Zuchtwerte gehn rauf und runter mit oder ohne äuserliche Hilfe. Bei der Abstamung ist eine höhere Sicherheit garantiert. Bei den Brown Swiss fing alles mit der Kuh Jane of Vernon an. Sie brung Milch, Ramen, Format und langlebikeit. Aus ihr kamen gute Kühe und Kuhfamilen zustande. So wie früher Kuhfamilien zustande kamen gibt es heute nur noch wenige. Es wurde mit leistungsbereiten Kühe gezüchtet und nicht mit Zuchtwerten. Daher die richtige Zucht Kuh findet man nicht im Schauplatz sonder an Ihrem langjährigem Arbeitsplatz!(Stall)

  • #2

    Hans Geisenberger (Montag, 19 Oktober 2015 13:05)

    Auch ich meine, daß der GZW für die konkrete Zuchtarbeit n i ch t s bringt!
    Der GZW schafft lediglich die Möglichkeit verschiedene Stiere in eine tabelarische Reihenfolge zu bringen. Welcher Stier aber am besten auf eine bestimmte Kuh paßt, entscheide ich immer anhand von Einzelmerkmalen. Noch nie habe ich eine Kuh nach GZW angpaart.
    Vielleicht ist ein Grund für oft schlechte "Zuchtprodukte" das häufig angewendete Anpaarungskonzept: Hoher GZW mal hoher GZW, bzw der Tabellenerste kommt auf meine höchste Indexkuh. Das gibt dann hohe Zahlen, aber ......die Ergebnisse sehen wir seit Jahren.

  • #1

    Jean (Freitag, 16 Oktober 2015 12:44)

    Der "klugen Teilnehmerin"stimme ich voll zu.Ich pers. bin kein Freund von Gesammtzuchtwerten (Eintopf).Persistenz ist mir das wichtigste Gesundheitskriterium (Flache L-Kurve, keine Verfettung zu L-Ende).Spätreife bei BS wird derzeit leider weggezüchtet (zu hohe Gewichtung Einsatzleistung bzw. 1.te Laktation). Müßte dringend korrigiert werden. Leistungssteigerung von Laktation zu Laktation muß viel stärker honoriert werden.
    Fazit: Schafft den "Eintopf" ab und legt den Focus auf die wesentlichen Einzelmerkmale.