Bullenselektion à la  Zuechterblog.com

Als Eigenbestandsbesamer müssen wir alle drei Monate den Spermabehälter neu auffüllen, ein anspruchsvoller und folgenschwerer Schritt wie für jeden anderen Züchter auch. Jeder der Interesse daran hat, kann mir dabei jetzt über die Schulter schauen. Nachmachen auf eigene Gefahr!

 

1. Schritt: Das suchen wir

 

Als Roboterbetrieb stellen wir besondere Anforderungen an unsere Kühe. Besonders wichtig sind uns fest aufgehängte Euter die über viele Laktationen halten. Wenn Kühe nach dem vierten Kalb wegen einem zu tiefen Euter nicht mehr angesetzt werden ärgere ich mich maßlos.  Die Kühe dürfen deshalb auch nicht zu klein sein. Wobei ich auch absolut kein Freund von zu großen Kühen bin.

 

Ganz wichtig ist uns auch die Persistenz. Wir füttern das meiste Kraftfutter über den Roboter und mehr wie 6 Kg bringt man da in die Kuh nicht rein. Mit Höchstleistungen nach dem Kalben (40 kg +)  kommen wir kaum klar. Kühe die mit mittlerer Leistung beginnen, dafür aber lange durchhalten mag ich.

 

Fundamente sind mir wichtig, ich bin aber kein Fetischist. Was ich aber gar nicht haben kann sind zu steile Beine und dicke, volle Sprunggelenke. Ich bin ein Fan von glasklaren Sprunggelenken, die von der Hinteransicht parallel und schmal wie ein Blatt sind. Hucos war ein absoluter Weltmeister in diesem Merkmal.

 

Im Fitnessbereich, lege ich Wert auf Nutzungsdauer (110+) und eine gute Eutergesundheit (106+). Beides am besten mit hoher Sicherheit, ansonsten sind diese Zuchtwerte kaum etwas Wert. In der Fruchtbarkeit bin ich Kompromissbereit, allerdings Ace-Blut kommt mir nicht mehr in die Tüte. Da ist nämlich was gewaltig faul.

 

In puncto Milchmenge achte ich nicht auf das letzte Kilogramm. Leistung hat viel mit Fütterung zu tun und wenn die Persistenz passt, dann passt meistens auch die Leistung. Etpat ist hier ein gutes Beispiel. Er hat mittlerweile einen negativen Zuchtwert Milch, leistungsmäßig enttäuscht hat uns aber noch keine einzige seiner Töchter. Für mich einer der Größten der BV-Zucht überhaupt.

 

Die aktuelle Jagd der Besamungsorganisationen nach den +1.000 kg Bullen sehe ich kritisch. Weil das BV eine spätreife Rasse ist, sind unsere Jungkühe für zu hohe Milchleistungen in der Regel zu schmal. Die vollen Euter haben keinen Platz zwischen den Schenkeln und gehen vorzeitig flöten. Nicht im ersten, vielleicht auch noch nicht im zweiten Kalb, ab dem Dritten  wird es aber kritisch.

 

Triple-A ist für mich ein wichtiges Hilfsmittel. Ich mag einfach feine Kühe, mit offener Rippe (Triple-A Note 315 wäre mein Traumbulle, ich glaube den gibt es aber nicht)  die dennoch Stärke zeigen. Das Gegenstück von diesem Kuh-Typ ist  der >>Holzbock<<. Heiko Andresen (Kuhfacto, bevor er auf Druck der Holsteinstationen gefeuert wurde) hat diesen Ausdruck gerne für Kühe benutzt die auf den ersten Blick zwar toll aussehen, aber weder Feinheit noch Milchtyp zeigen und auch wirklich nur so toll aussehen weil sie in Wirklichkeit keine Milch geben, egal was im Katalog steht. Ihr habt keine Ahnung wie viele >>Holzböcke<< ich in den 20 Jahren meiner journalistischen Tätigkeit im Ring mit Schärpe und Pokal schon fotografieren musste. Die Tragik meines Berufs!

 

(An dieser Stelle darf keinesfalls der Eindruck entstehen als hätte ich nur unwürdige Champions gesehen. Nur ich habe in 20 Jahren viele Stars im Ring fotografiert von deren Nachkommen man nie mehr etwas gehört hat. Eine  positive Erscheinung ist hier die D-Familie von Babel. Auf der BZG Schau 2005 in Unterthingau gewann Jupiter Daisy, Bundessiegerin wurde, Vinozak Diva, Zeus Dinar glänzte ebenfalls schon auf der Bundesbraunviehschau und der BZG Schau der BZG Mod in Ebenhofen 2015. Das schafft Vertrauen! Von Dinars Glenn-Sohn Glarus haben wir hier schöne Rinder. )  Vielleicht fallen Euch ja noch internationale Familien ein, die über Generationen glänzen und immer wieder gute Nachfahren hervorbringen.

 

Mein Resümee ist trotzdem nüchtern, die meisten Preisrichter haben nicht das Gespür dafür, welche Merkmale eine wirklich gute Braunvieh Milchkuh ausmachen. Sie fallen reihenweise auf die >>Holzböcke<< rein. Ein gutes Euter mit in übervollem Zustand wohlgeformten Proportionen, viel Rahmen und eine gute Top-Line (am besten noch ein Zentner Fett auf den Rippen und am Hals) und schon ist man Champion! Die Ursache liegt darin, dass die meisten Preisrichter natürlich selbst Kinder der Schauszene sind und damit Kühe immer in der rosa Schaubrille sehen und bewerten.  Das ist übrigens auch der Hauptgrund warum wir nicht auf Schauen ausstellen. Wir züchten einfach die falsche Art von Kuh, für die gängige Art von Preisrichtern. Christian Schild aus der Schweiz und Guido Simon muss ich hier ausnehmen. Die beiden wissen wirklich wo der Hammer hängt, richten aber kaum noch. Sehr schade!

 

Damit Ihr mich besser versteht, welchen Typ Kuh ich persönlich favorisiere, hier das Foto einer Hucos-Tochter aus der Steiermark. Für mich eine absolute Ausnahmekuh. Der Preisrichter stellte sie in ihrer Gruppe auf den letzten Rang (nur wegen dem Hucos-Euter, dass zum Zeitpunkt der Schau aber schon fast 50.000 kg Milch produziert hatte). Daraus ein Prejula-Kuhkalb, ich würde viel dafür geben! Ihr Züchter hatte von Prejula noch nie etwas gehört. ;)

 

 

So jetzt wisst Ihr welche Kuh wir in unserem Stall und in unserem Roboter sehen möchten. Beim nächsten Blog-Artikel mach ich mich auf die Suche nach den Bullen die ich dafür brauche. Gerne unter Eurer Beobachtung!

 

Salü

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Kommentare: 11
  • #1

    Hans Geisenberger (Montag, 21 Dezember 2015 18:37)

    Zur spannenden Frage von Gerhard nach int. Kuhfamilien würde mich interessieren, was in den USA
    von der "Christine Familie" und von "Priscilla" heute noch unterwegs ist .
    Vielleicht können hier Adi Zürcher, Martin Wieser oder auch ein anderer "US-BS Freak" weiterhelfen !?

  • #2

    Hans Geisenberger (Dienstag, 22 Dezember 2015 07:48)

    Die beste deutsche Kuhfamilie ist für mich die H -Linie von Familie Wagner/Berkmüller/Schön in Wildpoldsried. Perseus war einer der besten OBV-Stiere aller Zeiten (Ende der 60er Jahre). Und im BS Bereich sind Bullen wie Simvitel, Diego, Payboy usw. aus der dt. BV-Zucht nicht wegzudenken.
    Seit 50 Jahren kommen hier positive Vererber und Schaukühe aus der H-Linie.
    Glückwunsch an die Züchterfamilie !

  • #3

    Martin Wieser (Dienstag, 22 Dezember 2015 20:07)

    Aus der 'Priscilla-Familie' sind mir keine aktuellen Bullen bekannt! Die letzten aus dieser Riege waren die beiden aus der Schweiz kommenden Stiere 'Pat' und 'Paul'.
    Bei der 'Christine-Familie' gibt es aktuell, ebenfalls in der Schweiz, noch die beiden Select-Star Bullen 'Charmeur' und 'Chalanger'.
    Ansonsten ist es ruhig geworden um die beiden Kuhfamilien. Was meiner Meinung nach nicht heisst, dass sie an Qualität verloren haben, im Gegenteil.
    Es ist ein Phänomen der Zuchtwertschätzung und vor allem der Genomanalyse, dass Tiere aus sicher und homogen vererbenden Kuhfamilien keine Zuchtwerte mehr erreichen und so für Besamungsstationen uninteressant sind.
    Das trifft die bewährten Kuhfamilien in USA genauso wie die der Züchter in Europa. Eine Tatsache, die sehr zu hinterfragen ist. Dies hier zu erörtern würde aber den Rahmen sprengen.
    Bei der Besamungsstation in Greifenberg hat man sich über diese Tatsache anscheinend auch schon ein wenig Gedanken gemacht. Dass der errechnete 'Zuchtwert' und der praktische 'züchterische Wert' eines Tieres oft ganz und gar nicht das gleiche ist hat dort scheinbar schon zu einigem Frust geführt. Anders sind die Ausführungen von T. Fischer beim letzten Braunviehstammtisch bei Babel's in Wald nicht zu erklären. Dies verdient viel Anerkennung und ist ein erster Schritt um dem Braunvieh in seiner schwierigen Situation weiter zu helfen!

  • #4

    Johannes Besler (Samstag, 26 Dezember 2015 22:30)

    Ich finde die Schweizer Kuhfamilien von Starbuck Jola und Jetway Jetwa hochinteressant. Weiß jemand ob es im Allgäu oder Umgebung aus diesen Linien Töchter gibt?

    Die Südtiroler T Linie von Tötsch wo z. B. Mike raus kommt ist auch sehr interessant.

    Es gibt bestimmt auch sehr viele gute Kuhfamilien die man nicht kennt, aber in den Betrieben täglich ihre Leistung bringen.

  • #5

    Hafner Markus Paulihof (Sonntag, 27 Dezember 2015 08:23)

    Habe mit viel Freude und genauester Aufmerksamkeit den Komentar über Preisrichter der Holzpflöcke gelesen. Ich fühle mich als Schüler von Christian Schild und Natale Arioli Del Santo - Wer bei meinen Preisrichter Einsätzen meine Komentare und Endscheidungen genausestens Beobachtet u Verfolgt hat, weis wohin die Braunviehzucht in Zukunft gehen müßte. Ich weis wo der Hammer hängt. Ich würde mich einmal freuen, daß die vielen kritker einmal selbst alleine, ja ich schreibe alleine im Ring stehen und richten und komentieren. Glg vom Paulihof denn wir lieben und züchten KüheKühe, wo das Zitat stimmt: hard working cows

  • #6

    zuechterblog (Sonntag, 27 Dezember 2015 11:15)

    Das Problem ist das Dürfen! Die Vorselektion ist enorm hart ;)! Nur Leute mit verbandspolitisch weißer Weste dürfen verantwortungsvolle Posten im Ring übernehmen. Züchterischer Sachverstand ist schon auch wichtig aber demgegenüber zweitrangig!

    Ich schreibe diesen Blog erst seit 3 Monaten mir wird aber immer klarer: >>schreiben ist gefährlich, reden ist Silber und schweigen ist Gold<<. Aber wie heißt es so schön, wer schweigt stimmt zu und das kann ich angesichts der Zustände in der BV-Zucht schon lange nicht mehr! Bitte trotzdem um Nachsicht!

  • #7

    Walter (Sonntag, 27 Dezember 2015 12:15)

    Manchen Preisrichtern fehlt oft die Souveränität und Selbstsicherheit im Ring. Die Schweiz macht da eine Ausnahme, die schulen ihre Leute auch am besten.Nur eine Anmerkung zu Markus Hafner, gegen dessen Kommentar sonst nichts zu sagen ist: Heute ist schon lange kein Preisrichter mehr alleine im Ring. Ein"Ringmann"hilft heute dem Preisrichter mal mehr, mal weniger.
    Diese Seite steht ja unter dem Motto: Bullenselektion. Wann kommt der 2.te Teil, dann mit konkreten Bullennamen? Ich bin gespannt!

  • #8

    Martin Wieser (Montag, 28 Dezember 2015 09:58)

    Gerhard, Du hast nach Bullen mit dem Triple A-Code 315 gefragt. Die gibt's durchaus!

    Dazu gehört z.B. der zuvor erwähnte Glenn-Sohn CHARMEUR aus der Christine-Familie. Er hat jetzt über 50 Töchter in der Schweiz und seine Werte können sich sehen lassen. Er gehr über Chester und Dotson auf Metthew Christine zurück. Erhältlich bei Select in der Schweiz oder bei der Tierarztpraxis Klarer in Lengenwang.
    http://cgi.zar.at/cgi-bin/zw_detail.pl?ISO_NUMMER=756120082843875&table=DATEN_BV

    Ebenfalls 315 hat VIVID aus Italien. Ich denke er ist allen bekannt!

    Der dritte im Bunde und für mich der interessanteste ist TALENT. Der genomische Brookings-Sohn geht über Wonderment auf Premium Tiffany und Jetway Toni zurück.
    Für mich der Bulle, der genau den 315 Code verkörpert. Bei leicht gewinkeltem Bein bringt er für mich ein perfektes Exterieur. Breite, geneigte Becken mit guter Umdreherposition und sehr starker Lende. Er macht große, breite Kühe mit sehr guter Vorhand, feinem Skelett, sehr guter Knochenqualität und sehr parallelen Beinen. Seine Mutter ist die Vollschwester zu Tanbark und war 2011 Reserve All-American Jr. 2-Year-Old. Tanbark war 2015 Premier Sire for Heifers. Da der Bulle nur genomische Werte hat, sollte man ihn natürlich mit Bedacht und gezielt einsetzen. Dann wird er sicher den gewünschten Erfolg bringen.
    https://www.cdn.ca/query/detail_ge.php?breed=BS&country=USA&sex=M&regnum=68144288

  • #9

    Adrian Zürcher (Montag, 29 Februar 2016 14:26)

    Was in USA noch aus der Priscilla-Kuhfamilie unterwegs ist?
    Eine interessante Frage, die ich aus dem Stegreif nicht umfassend beantworten kann. Zuerst müsste man jedoch das Ausmass des Begriffs "Kuhfamilie" definieren. Zählt ein Tier noch dazu, wenn die "Stammkuh" in der 6. Generation im Pedigree zu finden ist, und nur auf der untersten Zeile?
    Weitere Bullen aus der Priscilla-Linie sind Pronto, Punch, dann hat Wayne Sliker die beiden Bullen Padre und Protype aus Emory Price vor ca. 10 Jahren in den Prüfeinsatz geschickt.
    Den Überblick auch nur über alle weiblichen Nachkommen zu behalten, gestaltet sich angesichts der starken ET-Tätigkeit schwierig.
    Persönlich hatte ich ja stark in beide Linien (Priscilla und Christine) investiert, und es sind immer noch Nachkommen vorhanden, die über die weibliche Linie auf diese Kühe zurückverfolgt werden können. Unter anderem stammt bei Ruedi Bachofen mehr als der halbe Bestand von Westgate Pisa ab, einer Tochter von PR Polka, die ich als Embryo aus Dotson Polka gekauft hatte. Ich selber habe ebenfalls noch Nachkommen aus der PR Polka-Linie.
    In USA haben u.a. die Uglows von Horseshoe Hill noch direkte Nachkommen, und ich selber habe eine Cafino-Tochter, welche über Brinks-Cognac-Gordon-Ensign auf Present zurückgeht.
    Auf Seite der Christine-Familie haben Michalowitch aus Ohio eine Kuhlinie, welche auf Christine zurückverfolgt werden kann, und es wären bestimmt auch noch weitere Nachkommen zu finden. Ab und zu taucht ein Tier an einer Auktion auf, welches auf der weiblichen Seite auf eine der beiden Kühe zurückverfolgt werden kann.
    Ich habe eine PHD- und eine Chrome-Tochter aus der Candy-Kuhfamilie, mit Nachkommen. Eine Urenkelin von Christine habe ich vorgestern an der IGBS-Auktion verkauft, und es sind weiterhin viele Embryonen im Tank, die über wenige Generationen aus diesen Kühen stammen.

  • #10

    Hauser Markus (Samstag, 05 März 2016 17:39)

    Meine Meinung zu der hucos Kuh die ist nichts wenn da an eine Talschau in Tirol denk und dort 50000 Liter Kuhe denke wurde ich die garniert nicht Ausstellen . Weil ein super Euter ist bei einer Milchkuh wichtig. Bei denn Stieren ist mir eine gute Mischung aus AT IT und ch und us . Es gibt zu Zeit so viele Stiere die intersant d

  • #11

    Hauser Markus (Samstag, 05 März 2016 17:43)

    Viele Stiere werden vom Verband links liegen gelassen und viele Top Kuhfamielen auch und das nur wegen dem Zuchtwert. Da Ware ein Umdenken nötig