Nachwort zu Wieser-Theorie

Starbuck Fanfare nach ihrem für meinen Geschmack besten Auftritt ihrer Schaukarriere, auf der BZG Schau in Unterthingau. Ihr seht, Fotos machen konnte ich auch.
Starbuck Fanfare nach ihrem für meinen Geschmack besten Auftritt ihrer Schaukarriere, auf der BZG Schau in Unterthingau. Ihr seht, Fotos machen konnte ich auch.

Zu meinem letzten Blogartikel haben mich einige Mails erreicht. Dabei ist mir aufgefallen, dass es ein Missverständnis gibt. Ich denke Martin wollte mit seinen Ausführungen nicht die europäische Genetik schlechtreden und die amerikanische in den Himmel loben. Ihm ginge es wohl eher darum das Bewusstsein zu schärfen, dass es sich bei unserer europäischen BV-Population um eine Kreuzungsrasse handelt und dass dies eine besondere Herangehensweise erfordert.

 

1. Kreuzung x Kreuzung = Durcheinander

 

Diese Unwägbarkeit sollte sich jeder der mit einer Kreuzungsrasse arbeitet immer vor Augen führen. Das heißt nicht grundsätzlich dass solche Paarungen nicht funktionieren und gute Kühe hervorbringen nur die Sicherheit, dass dies geschieht, ist geringer.

 

2. Nicht nur ein BV-Problem

 

Das Ganze ist nicht nur ein Braunviehproblem, auch Fleckvieh hat sich gute Eutereigenschaften über Red-Holstein eingekreuzt und die deutschen Holsteins tragen immer noch die Genetik des Norddeutschen Niederungsrindes im Blut.

 

3. Es gibt genügend positive Beispiele das Kreuzungszucht auch erfolgreich sein kann

 

Beim Braunvieh haben wir natürlich unzählige Helden die auf europäischem oder explizit auf deutschem Boden geboren worden sind. Ich nenne hier im Besonderen Etpat, Simvitel, Vigate, Hucos, Huxoy, Prejula. Huray gehört, was die Leistung angeht, sicherlich auch dazu, wenngleich er in der Eutervererbung gestreut hat. All diese Bullen hatten eines gemeinsam, sie vererbten sehr einheitlich und die Streuung war gering. Es gibt aber auch Bullen die stark eingesetzt wurden und die Erwartungen nicht erfüllen konnten weil sie sehr stark gestreut haben. Ich denke dabei  vor allem an Vinos und seine Söhne (Vinbrei, Vinner, Vinz, Vidoba) die in Deutschland viel Schaden angerichtet haben. Im Nachhinein denke ich man hätte Vigate-Linien gezielt mit Vigate-Linien bearbeiten müssen. Weil man aber immer das Eiweiß im Blick hatte, erschien das nicht logisch.

Wenn ich an die Schweiz denke fällt mir eigentlich überhaupt kein (Kreuzungs-) Bulle ein, der in der Vergangenheit wirklich der Population einen positiven Stempel aufgedrückt hat. Es waren eigentlich immer die Amerikaner und hier vor allem Starbuck der die Rasse nach vorn gebracht hat. Gorden-Blut hat in der Schweiz exterieurtechnisch gut gepasst, aber auch hier ist viel OB-Blut im Spiel und deshalb ist das Gordon-Blut in Deutschland wahrscheinlich auch nahezu komplett verschwunden. Über Glenn und seine Söhne erlebt es jetzt eine Renaissance. Das Thema Persistenz ist an dieser Stelle gefährlich und darf nicht übersehen werden.

Italien und Südtirol, kommen etwas besser weg. Ich denke Jackpot, Playboy und in jüngerer Vergangenheit auch Nesta (bis auf die Fruchtbarkeit) und Aurum (der wurde unterschätzt) haben gute Tiere hinterlassen. Playboy und Nesta sind reine US-Genetik und Jackpot ist vollgepackt mit deutscher (Vigate, Regay) und US-Genetik.

 

4. Amerika hat seine Pfunde verspielt

 

Einen Grund die US-amerikanische Zucht als die Rettung der Rasse darzustellen wäre ein Fehler. Überlegen wir doch zurück, welche Bullen funktioniert haben?  Stempelbullen waren Prophet, Vigor, Simon, Starbuck, Jade, Brookings, Simon, Jupiter, Easton, Pronto, Pat-ET (CH) und natürlich  Ensign. Bedingt funktioniert haben Ace (wenn die Fruchtbarkeit gepasst hat), Denmark, Payoff und Collection (auf guter Eutergrundlage), Earnerst (MBK!). Enttäuscht haben im Großen und Ganzen mit ihren Töchtern und Söhnen Emerald, Jolt, Dominate, PHD, Pete Rose, Joel und Camelot.   Viel Emory-Blut!!!!

Vor allem das Simon-Blut, hat wie wir sehen, gut gepasst. Emory hat einen tollen Namen aber was ist wirklich von ihm geblieben? Ich bin da geteilter Meinung was seine Qualitäten anbelangt. Immerhin gibt es Etpat.

 

In den letzten Jahren wurde es ruhig. Wonderment-Blut ist in den USA aktuell oben auf. Mit der Kombi Collection x Jade steht die Körpervererbung im Vordergrund. Euter scheinen zu passen. Mit MBK 86 ist er für mich nicht unbedingt interessant. Sein bester Sohn ist Bosephus. Hat hintendrin Pronto was für ihn spricht. Erste Töchter scheinen zu passen. Durham ist mit Vigor im Hintergrund in puncto MGK sicher auch mit Vorsicht zu genießen.

 

Cadence scheint den Durchbruch zum Top-Vererber geschafft zu haben. Seine Entwicklung muss man im Blick haben. Bush aus der selben Kuhfamilie und ohne Wonderment ist mir persönlich lieber. Aber man muss ihn einsetzen, keine Frage.

 

Aktuell beobachte man den Trend, dass die Amis gerne mit europäischer Genetik arbeiten. Huray und Biver stehen hoch im Kurs. Das ist kein gutes Zeichen!

 

5. Augen auf!

 

Im Allgemeinen glaube ich dass die Amis viele Fehler gemacht haben . Auch dort hat die Indexzucht ihre Spuren hinterlassen. Jeder kocht da sein eigens Süppchen und eine klare Zuchtstrategie die nach außen hin gut verkauft wird sehe ich nicht. Inzucht-Degression ist sicherlich in den USA auch ein Thema. Dennoch gibt es dort sicherlich  immer noch gute Kuhfamilien. Wir brauchen echte Experten, die diese ausfindig machen und uns diese Genetik zugänglich machen, am besten unabhängig vom Zuchtwert. Vielleicht kann man ja die IGBS-Reisen in die USA wieder beleben. Dranhängen kann sich ja ein Martin Wieser, eine Böhm Susanne, ein Gossner Helmut, ein Dr. Weidele, ein Bischof Konrad, Beerli Raimund, ein  Dr. Birkenmaier, ein Hans Geisenberger, ein Eduard Linder, ein Lang Michl, ein Tobi Guggemos,  ein Fredy Abächerli, ein Franz Kurray, usw. usw.. 

 

Alle in einen Flieger und ab geht die Reise bis sie was Gutes für uns gefunden haben. Bezahlen kann man die Reise von dem Geld was man für die neue Besamungsstation in MM und das AHG Verkaufszentrum veranschlagt hat. Ein Bruchteil von den Millionen würde reichen. Denn wenn man nicht bald in die Gänge kommt sind diese Investitionen eh für die Katz, zumindest was die Braunviehzucht anbelangt. Die 2 Mio. für Braunvieh-Vision wären an dieser Stelle sicherlich auch gut investiert. Aber Vorsicht, eine Spaßfahrt der Funktionäre sollte es am Ende nicht werden. Die Mischung aus Praktikern die vom Vieh eine Ahnung haben und den Theoretikern die bei uns anschaffen, sollte passen.  

Aber man muss nicht unbedingt in die USA? Gerade in Italien (südlich Gardasee) gibt es tolle Betriebe mit sehr guter Genetik, die sich jeden Tag im harten Wettbewerb mit den Holsteins beweisen muss. Die sollte man nicht vergessen!

Und die Schweiz? Exterieurzucht hat hier den größten Vorsprung weltweit, nirgendwo sind die Kühe schöner. In Bezug auf das wichtige Thema Persistenz müssen die Eidgenossen aufholen. Die Milchmenge ist denke ich nicht mehr das Problem.

 

Noch ein Tipp: Am besten sollte man Dan Gilbert nicht über den Aufenthalt in den USA informieren ;).