Nutzungsdauer ist nachhaltig!

Die Jungzüchterschau in Rückholz wurde von Johann Osel in der Süddeutschen Zeitung mit einem Kommentar bedacht (siehe nebenstehender Artikel). Interessant fand ich den unteren Absatz wo er auf die 22-jährige und gleichzeitig älteste Kuh Bayerns eingeht. Osel:>>Sie zählt 22 Lenze, Zuchtexperten rechnen das auf bis zu 110 Menschenjahre um<<.

Ich habe dann ein wenig zu rechnen begonnen. Das durchschnittliche Abgangsalter liegt in Deutschland bei ungefähr 5,4 Jahren, was einem auf die menschliche Lebenszeit umgerechneten Alter von 27 Jahren entspricht. Braunvieh liegt bei 6,5 Jahren und erreicht immerhin 32,5 Jahre im Schnitt. In Deutschland ist das Spitze! Dennoch es ist noch viel Luft nach oben! Das Renteneintrittsalter beim Menschen liegt bei 66 Jahren. Da fehlen also bei BV 33,5 Jahre oder 6,7 Kuhjahre. Zieht man die Aufzuchtphase (2,33 Jahre) ab, brächte eine Braunviehkuh also etwa 9 bis 11 Kälber (je nach ZKZ) damit sie mit 66 Jahren in Rente gehen kann. Von den möglichen, darauf folgenden 44 Jahren (8,8 Kuhjahre) in Rente auf einer grünen Bergwiese wollen wir gar nicht reden.

Die Ursache für dieses Defizit ist meiner Meinung nach die einseitige Zucht auf Frühreife und Hochleistung in Verbindung mit einer nicht wiederkäuergerechten Fütterung (viel KF, wenig Rohfaser). Körperlich verkraften unsere Kühe diesen Mix in der Masse nicht! Im Durchschnitt gehen sie lange vor der Zeit ab.

Nachhaltig ist das nicht! Es beschert darüber hinaus unseren Tieren Leid und kostet uns Bauern viel Geld.

Braunvieh als führende Nutzungsdauerrasse muss dies erkennen und die Nutzungsdauer im Fokus behalten. Die einseitige Zucht auf Frühreife (Größe) und hohe Einsatzleistungen ist hochgradig  kontraproduktiv. In den Fokus gehören Merkmale wie Nutzungsdauer,  Persistenz und  Fruchtbarkeit. Die Einführung eines Zuchtwertes für Leistungssteigerung ist überfällig. Natürlich wirkt sich dies negativ auf die Verkürzung des Selektionsintervalls aus,  sichere Informationen über die Leistungssteigerung der Töchter eines Bullen erhält man erst viele Jahre  nach dem ersten PM. Aber Qualität braucht Zeit! Erfolgreiche  Käsesorten erzielen nach Jahren der Lagerung im Käsekeller Kilopreise von über 20 Euro je Kilogramm, während wir Deutschen unseren Gummikäse im Jahr 2016 nach 3 Wochen für unter 3 Euro auf den Weltmärkten verramschten.  Wer also erfolgreich auf Nutzungsdauer und Nachhaltigkeit züchten will, muss seine Zuchtstrategie ändern und den Bullen und Kühen Zeit zum Reifen geben! Wir brauchen eine Umkehr von immer schneller, immer mehr! Die ist am Ende auch wirtschaftlich interessant und beschert uns Kühe mit denen wir Geld verdienen und die uns lange Freude machen. Bis zum Rentenalter mit 66 Jahren!

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