Hohe Sicherheit -die Spreu lässt sich vom Weizen trennen

Die Mutter (V. Hucos)  von Hacker war eine beindruckende Erscheinung!
Die Mutter (V. Hucos) von Hacker war eine beindruckende Erscheinung!

Man kann eigentlich nicht sagen dass ich ein Feind der Zuchtwertschätzung bin, dennoch prangere ich seit Jahren das System an wie sie von den Verantwortlichen angewandt wird. Unter dem Vorwand eines möglichst schnellen Zuchtfortschritts werden den Milchviehhaltern Bullen mit viel zu niedriger Sicherheit als Heilsbringer verkauft. Ein  nicht nachvollziehbarer Zahlensalat in  Verbindung mit getürkten Fotos  verzerrt die Realität und verleitet die Milchviehhalter minderwertiges oder gar für die Zucht völlig unbrauchbares Bullensperma zu kaufen. Die genomische Selektion hat diese zu verurteilende Praxis in den vergangenen Jahren weiter auf die Spitze getrieben. Dies gilt übrigens nicht nur beim Braunvieh, sondern bei allen Rinderrassen weltweit. Mittlerweile gibt es viele Kollegen die diese Einschätzung mit mir teilen, aber die Verantwortlichen sitzen in ihrer Wagenburg und ignorieren alle kritischen Stimmen. Nach dem Motto: >>Lass die Hunde bellen, die Karawane zieht weiter<< wird die weit verbreitete Obrigkeitshörigkeit ausgenutzt, um weiter Kasse zu machen. Ich für  meinen Teil befasse mich seit 25 Jahren mit der systematischen Auswertung der Zuchtwertschätzung, meine Erfahrung und mein Gefühl sagen mir, dass sie im niedrigen Sicherheitsbereich nicht dazu taugt, Kühe individuell auf ein höheres genetisches Niveau zu heben. Beim Braunvieh kommt dieses Problem besonders zum tragen. Während das Fleckvieh nur darauf achten muss, dass die Schlachtkuh am Ende ihren dicken Arsch nicht verliert und die Holsteins, dass die Färse zuverlässig mit über 30 kg einsetzt, so lebt das Braunvieh von Vorzügen, wie Spätreife, Funktionalität und Nutzungsdauer. Eigenschaften die erst im Alter der Kuh zum tragen kommen. Die Zuchtwertschätzung tut sich immer schon schwer damit, die  Fitnesseigenschaften eines Bullen sicher vorherzusagen. Gerne wird an dieser Stelle mit einer niedrigen Erblichkeit argumentiert. In Wirklichkeit aber gibt es auch eine hohe Erblichkeit bei den Fitnessmerkmalen, nur die Zuchtwertschätzung kann diese bisher erst im hohen Sicherheitsbereich sicher vorhersagen. Trotzdem werden Zahlen für Nutzungsdauer, Fruchtbarkeit, Eutergesundheit und  Persistenz  schon von Beginn an berechnet und man tut so als ob sie fix wären. 

 

Die Ergebnisse dieser >>Scheinzucht<< sind niederschmetternd. Sicher geprüfte Spitzenvererber sind eine Mangelware beim Braunvieh (übrigens auch beim Fleckvieh und auch bei den deutschen Holsteins). 

 

Den Beweis liefert für mich wie immer die Auswertung von ZuchtData - Zuchtwertdatenbank Rinderzucht Austria.

 

Man gebe als Selektionsmerkmal Sicherheit 99%, Nutzungsdauer 106, Persistenz 100, Euterzuchtwert 106 und Melkbarkeit 90 ein - es erscheinen der Reihe nach:

 

  1. Anibal
  2. Puck
  3. Hacker (siehe meinen Blogartikel >>Hurays Bester?<< vom 26.12.2018
  4. Prejula
  5. Etpat
  6. Prohuvo
  7. Huxoy
  8.  Vigor
  9. President

(Quelle: ZuchtData)

 

Das sind also die einzigen Bullen welche die Stärken des Braunviehs im hohen Sicherheitsbereich verkörpern! Sechs führen Ensign-Blut, drei Hucos-Blut und Etpat ist und bleibt eine Legende der Braunviehzucht. Mit Ausnahme von Hacker und Puck führen alle Bullen in der Vater oder Mutterlinie US-Stiere.  

 

Puck, Hacker, Prejula, Etpat, Prohuvo und Vigor stehen für extreme Spätreife. Ihre Rinder im ersten Kalb sind und waren unfertige, unscheinbare und völlig unauffällige,  manchmal sogar enttäuschende  Rinder(z.B. Prohuvo) , die auf den Auktionen nur selten für Schlagzeilen sorgten. Den Weg auf eine Viehschau nach moderner Ausrichtung konnte man sich mit Jungkühen dieser Vererber getrost sparen. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass mit Ausnahme von Anibal (114) alle Bullen eher eine mittlere bis unterdurchschnittliche Größe vererben. Größe zahlt sich bei Kühen also nicht aus!  Obwohl ich bei der Selektion die Eutergesundheit nicht mit einbezog, so bewegen sich bis auf Puck (97) alle im positiven Bereich. Auch im Merkmalsbereich >>Eutertiefe<< sind alle Kandidaten positiv. 

 

Die erste Laktation war für manche Tochter dieser Bullen nur ein lockeres Warmlaufen auf niedrigem Niveau. Wer ihnen das zugestand und Geduld zeigte, wurde später meist mit einer guten und vor allem wirtschaftlichen  Braunviehkuh belohnt. 

 

 

Kurios ist, dass das Zuchtwertsystem diese Vererber sehr wohl als Spitzenbullen erkennen kann, ihre Ausnahmestellung im Vergleich zur großen Masse der Vererber wird aber erst im hohen Sicherheitsbereich deutlich. 

 

Senkt man den Sicherheitsbereich auf 95% ab und setzt zusätzlich das Kreuz bei >>Stiere in Ausgabe<< erscheinen der Reihe nach: 

  1. Husold
  2. Anibay
  3. Julau
  4. Jukebox
  5. Puck
  6. Hacker
  7. Halleluja
  8. Viff
  9. GS Highway
  10. AG James
  11. GS Huxoy
  12. Assay
  13. Pat-ET

(Quelle: ZuchtData)

 

Simbaboy erscheint nicht auf der Liste obwohl er bereits über 500 Töchter in Milch hat und in der Schweiz eine Sicherheit von 98% notiert. Einige seiner Söhne sind bereits positiv Nachzuchtgeprüft, wobei Bunin bisher der Vielversprechendste ist. 

 

 

 

 

(alle Zahlen und Reihungen ohne Gewähr, wir können keine Vollständigkeit der Listen garantieren)