Die Matrix

Nicht alle von Euch werden die Film-Trilogie "Matrix" mit Keanu Reeves als Neo und Carrie-Anne Moss als Trinity kennen. Kurz zusammengefasst, die Matrix ist eine virtuelle Kunstwelt außerhalb der Realität. Die Menschheit ist ohne es zu wissen in ihr gefangen.  Ihr ganzes Handeln und Denken ist auf eine vermeintliche Realität ausgerichtet, die es so gar nicht gibt. In Wirklichkeit wird die Erde von Maschinen beherrscht, gesteuert von einer künstlichen Intelligenz.  Der erste Teil der Matrix wurde 1999 abgedreht und ist damit 23 Jahre alt und ich finde immer noch aktuell. Ganz oft kommt es mir vor als wären wir in einer Matrix gefangen. Ist die Realität wie wir sie erleben wirklich wahr? Oder sind wir von höheren Gewalten manipuliert und handeln unfreiwillig freiwillig,  so wie es eine Minderheit von uns erwartet um uns in die von ihr gewünschte Richtung zu leiten. Mir fallen zum Thema Matrix spontan die verschiedensten  Beispiele ein, an dieser Stelle möchte ich es aber auf die Braunviehzucht begrenzen. 

 

Auch wir Braunviehzüchter (übrigens auch die Züchter aller anderer Rassen) leben in einer Matrix. Alle vier Monate sagt uns ein Computer wie gut unsere Kühe und die Bullen mit denen wir sie besamen wollen sind. Die Zuchtwertschätzung ist mittlerweile so alt, dass sich die meisten von uns wohl gar nicht mehr an eine Zeit ohne sie erinnern können. Die gesamte offizielle Zucht ist auf dieses Instrument ausgerichtet und wer sich ihm verweigert, ist raus! Er hat keine Bullenmutter im Stall, er hat keine hohen Zuchtwerte und er verkauft schon gar keine Bullen mehr an die Besamungsstation. Aber eines ist sicher, er hat trotzdem gute Kühe!

 

Nun habe ich in den vergangenen Wochen einige interessante Gespräche mit Bauern geführt die sich innerhalb der Matrix bewegen. Ein Kommentar hat sich bei mir sehr tief im Gedächtnis eingeprägt und er passt sehr gut zu dieser Thematik. Der Züchter meinte, dass er obwohl er immer die besten Bullen eingesetzt habe, mit seinen Braunen überhaupt nicht mehr zu frieden sei. Seit geraumer Zeit habe er keine Jungkuh mehr gehabt die besser sei als ihre Mutter. Schaukühe Fehlanzeige! Dabei muss man sagen, dass der Bauer kein Schauzüchter ist, eine schöne und gute Kuh mit der man auch mal auf einer Schau teilnehmen könnte, würde er trotzdem gerne in seiner Herde sehen. Wer kann es ihm verdenken? 

 

Ich sagte ihm dann ganz unverblümt dass er wohl die höchsten Zuchtwert-Bullen eingesetzt habe, diese definitiv aber wohl nicht die Besten waren. 

 

Szenenwechsel der dies untermauert: In einer landwirtschaftlichen Wochenzeitung dominierten in der letzten Ausgabe zwei Themen. Die Zuchtwertschätzung und die hohen Verkaufspreise auf der Auktion. Ein Zuchtleiter lobte in höchster Entzückung sein erfolgreiches Bullenprogramm. Er stelle mit seinen Stiere die Masse der Listenspitze und dies untermauere die hohe Qualität seines Zuchtprogramms. Ich reagiere darauf mit einem Achselzucken, aber ich weiß dass viele meiner Kollegen dies für bare Münze nehmen und das schmerzt mich. Dieses blinde Vertrauen in die Propaganda der Zuchtorganisationen und ihrer Repräsentanten schadet dem Braunvieh.  Weil ich das Braunvieh aber liebe, schreibe ich diesen Artikel!

 

Wenn diese Herrschaften nämlich ehrlich wären, dann müssten sie zugeben, dass es sich bei ihren Aussagen nur um Versprechen handelt und dass diese Versprechen in der Vergangenheit nur selten gehalten werden konnten. Ich denke dabei zwangsläufig immer an den Spruch meiner Oma -  Bua, hod sie immer gsed: Wer eumol liagt dem globt ma id und wenn er auch die Wohrheit spricht! 

 

Das zweite Thema war der Auktionsbericht einer der größten Vermarktungsorganisationen in Bayern. Hier wurden die hohen Verkaufspreise gelobt und das absolute Spitzentier des Marktes. Sein Verkaufspreis lag deutlich über dem Durchschnittspreis. Es war die Rede von einer Jungkuh die so wörtlich "mit ihrer Feinheit, Eleganz, Substanz, Breite und Tiefe in Körper und Becken, ein fehlerfreies Fundament und einem Euter aus dem Bilderbuch überzeugen konnte". Gar von einem Paukenschlag war die Rede. Worauf will ich hinaus? Während auf der einen Seite die hohen Bullen aus der "Matrix" gelobt werden, liefert ein Bulle der nirgendwo in Deutschland auf einer Liste erscheinen würde den Paukenschlag der Auktion. Der Vater der Jungkuh zeichnet einen GZW von 81 und hat ein Minus von über 700 kg auf dem Kerbholz.  Die Spitzenkuh aber war Realität. Man konnte sie anfassen, kaufen und mit nach Hause nehmen. 

 

Die Frage ist nun wo liegt der Fehler?  

 

Sicher ist, wer die Braunviehzucht (selbes gilt für Fleckvieh und Holstein) stur auf die Matrix ausrichtet, gefährdet den Erfolg seiner Zucht und die Qualität seiner Herde. Wer den Repräsentanten der Matrix in den schwarzen Anzügen und den Krawatten (im Film repräsentiert durch Agent Smith) vertraut, wird Geld und vor allem des Spaß am Braunvieh verlieren. 

 

Was ist die Alternative? Viele Züchter vertrauen dem System ja schon lange nicht mehr und setzen bewusst auf alternative Genetik. Das Ergebnis davon sah man auf der oben beschriebenen Auktion. Problem sind für das Braunvieh die vielen Milchviehhalter die in der Matrix gefangen sind und immer noch davon überzeugt sind, dass sie die beste Genetik einsetzen. 

 

Ich habe keine Ahnung wie sie zu erwecken sind. Dieser Bericht ist ein kleines Glöcklein das außerhalb der Matrix leise bimmelt. Ein bescheidener Erweckungsversuch! Die einzig realistische  Hoffnung dass wir kurzfristig von der Matrix befreit werden, ist leider nur ein Stromausfall im Winter. Traurig aber wahr!

 

PS: Übrigens auf dem Foto seht ihr einen kleinen hornlosen Bullen aus eigener Zucht. Natursprung - auch ein Weg außerhalb der Matrix  für den Erhalt des Braunviehs bedeutsam werden könnte.